Dieser Bericht beruht auf den Camping- und vor allem Wettererfahrungen von Stefanie Stadon. Wie garstig sich der Winter wirklich zeigt, hängt von der Laune des australischen Petrus ab.
Wenn Leute an Australien denken, verbinden sie damit meistens Sommer, Sonne, Sonnenschein. Damit haben sie grundsätzlich recht. In Down Under scheint unser kosmischer Stern tatsächlich öfter und stärker als in unseren Breitengraden. Allerdings gibt es auch auf dem 5. Kontinent diese eine Jahreszeit namens Winter. Und wer zu dieser Zeit mit dem Camper oder dem eigenen Auto unterwegs ist, macht sich besser auf so manchen Eiskristall gefasst.
Sicherlich ist der Winter nicht ganz so arktisch wie wir ihn kennen. Doch in den Monaten Juni bis August kann es schon einmal unangenehm kühl werden. Während im Norden des Kontinents Hochsaison ist, zittert man vor allem im südöstlichen Zipfel rund um Melbourne bis hoch nach Sydney. Orte wie der Alpine National Park und Snowy River Nationalpark lassen passenderweise auch gleich vermuten, dass es hier sogar schneit!
Wer also vorhat, während der kalten Jahreszeit in den besagten Regionen mit dem Auto oder dem Camper auf Tour zu sein, packt besser dicke Klamotten ein und vertieft die Beziehung zu seinem rollenden Gefährt.
Väterchen Frost
Die Tagestemperaturen liegen zumeist im zweistelligen Bereich. Sobald sich die Sonne zeigt, fühlen sich 10°C gleich wie 15°C an. Doch die Nächte haben es in sich. Bodenfrost ist keine Seltenheit. Und wenn es draußen friert, ist es drinnen nicht viel wärmer. Während der Fahrt mit unserem Camper haben wir ordentlich vorgeheizt, allerdings hält die Wärme nicht sonderlich lange an. Und extra den Motor laufen zu lassen, um weiter heizen zu können, ist nicht gut für die Umwelt und schon gar nicht gut für den Benzinvorrat. Also hieß es, nachts kräftig zu kuscheln und mehrere Schichten Schlafzeug überzustülpen: Leggins, Pullover, Schal, Handschuhe und Mütze! Selbst mein Freund, der den deutschen Winter in Unterhose im Bett verbringt, wechselte zu Jeans und Jumper. Spätestens, als wir am Morgen danach die zahlreichen Eiskristalle an den Fensterscheiben sahen, fühlten wir uns in unserer eigenwilligen Pyjama-Wahl bestätigt.
Aus die Lichter
Ein weiterer Faktor, der beim Reisen im Winter mit dazu kommt, ist die frühe Dunkelheit. Es sind weniger die immensen Kilometerzahlen, die euren Zeitplan durcheinander bringen, sondern das wenige Tageslicht. Selbst dem, der gegen 7 Uhr aus seinem Camper klettert und um 8 Uhr startklar ist, verbleiben gerade mal ca. acht Stunden, um Land und Leute zu erkunden. Gegen 16:30 Uhr fällt die Dämmerung über das Land; um 17 Uhr ist es stockdunkel! Da lässt sich nicht mehr ganz so viel entdecken. Und aufgrund des regen Wildwechsels empfiehlt es sich auch nicht, lange Strecken im Dunkeln oder im trüben Laternenlicht zurückzulegen.
Wohin des Nachts?
Also schlägt man in der Regel gegen 18 Uhr sein Nachtlager auf. In lauen Sommernächten fühlen sich viele Camper auf den Rest Areas heimisch. Als ich mit Freunden im Dezember - und damit im absoluten Hochsommer - unterwegs war, haben wir in drei Wochen lediglich drei Mal auf einem Campingplatz gestanden. Alle anderen Nächte verbrachten wir irgendwo im Nirgendwo. Doch im Winter kommt dieser Plan sehr schnell ins Wanken. Wer sich den ganzen Tag über im Kalten aufhält und weiß, dass ihm eine ebenso kalte Nacht bevorsteht, freut sich über nichts mehr als über eine heiße Dusche. Auch die Motivation, mit einer Taschenlampe nach der nächsten Buschtoilette zu suchen, ist bei wärmeren Temperaturen erheblich größer. Insofern haben wir die Rest Areas links liegen gelassen und sind auf Campingplätze gefahren. Denn am Gasherd einer großen Camperküche wärmt es sich ganz wunderbar.
Der Camper als Lebensmitte
In der Regel hat jeder, der mit dem Auto oder dem Camper unterwegs ist, Campingtisch und Campingstühle dabei. Im Winter werden diese jedoch zumeist vernachlässigt. Uns war es schlichtweg zu kalt oder zu regnerisch, um “gemütlich” ein paar Stunden am Strand zu sitzen oder den Sternenausblick vor der Camper-Tür zu genießen.
Somit verbringt man zwangsläufig mehr Zeit in seinem Camper, vor allem abends. Wer hier einen kleinen Van sein Eigen nennt, lebt in diesen Stunden doch auf relativ engem Raum. Zwischen Gepäck und Abendessen muss man sich erst einmal arrangieren. Apropos Essen - der Koch darf sogleich hinaus in die Kälte. Denn gerade bei den kleinen Vans befindet sich die Küchenzeile in der Regel hinter der Heckklappe. Wenn dann noch Wind oder Regen hinzukommen, wird das Anzünden des Gaskochers ein Wahnsinns-Abenteuer.
In den größeren Kompaktcampern hingegen ist die Küche innenliegend und man genießt generell mehr “Freiraum”. Der Komfort ist hier im Winter sicherlich etwas größer. Wählt euren Camper also mit Bedacht.
Winter-Entschädigung
Die besonders hartgesottenen Winter-Camper kommen als Ausgleich für ihre “Leiden” in den Genuss kleiner, aber feiner Vorteile:
- Die Moskitonetze im Auto und das Insektenspray in der Apotheke können euch egal sein, denn von Mücken ist weit und breit keine Spur! Die lästigen kleinen Brummer haben Winterpause.
- Vollbepackte Straßen mit nur langsam voran kriechenden Campern oder lange Touristenschlangen braucht ihr nicht zu fürchten. Die tümmeln sich um diese Zeit alle nördlich von Brisbane.
- Campingplätze sind mit Sicherheit nicht ausgebucht. Ein Reservierungsanruf vorher schadet zwar nicht, aber in der Regel stehen nur wenige oder gar keine Camper mit auf der Wiese. Freie Platzwahl!
- Da man in der absoluten Nebensaison unterwegs ist, freut sich die Reisekasse. Nicht nur Übernachtungen bzw. die Stellplätze sind um einiges günstiger. Gerade bei den Benzinpreisen macht das Camperherz drei Sprünge. So starteten wir in Melbourne bei AU$1,35 und kamen in Brisbane an bei AU$1,55!
- Wer will schon immer Fotos mit blauem Himmel und Sonne darauf? Bilder mit Nebenschwaden oder Regenbögen sehen genauso gut im Urlaubsalbum aus!
Und gibt es ein schöneres Gefühl als das, wenn man der Wärme entgegen reist? Es ist wie die Vorfreude auf Frühling im tiefsten Graupelschauer. Spätestens nördlich von Sydney haben sich die Eiskristalle in Wasser aufgelöst und die Handschuhe können zurück ins Gepäck. Genau dann realisiert man, dass das Campen im Winter vielleicht nicht ganz so komfortabel, aber mindestens genau schön und erlebnisreich ist! Und damit meinerseits absolut empfehlenswert!